Trotz beständiger Warnungen vor Zersiedelung und Kfz-orientierter Siedlungsstrukturen (siehe ÖROK) geht das Treiben ungebremst weiter. Sogar die Bauplanung und Bauwirtschaft meint dass Raumordnung neu gedacht werden sollte, speziell was Siedlungsstruktur und Verkehr betrifft.
Vor 10 Jahren hat Tarek Leitner in Mut zur Schönheit geschrieben (p 53):
Wir müssen gegen die Devastierung unserer Städte und Landschaft ankämpfen, weil keine Entscheidungen so nachhaltigen Einfluss auf unsere Lebensumgebung haben wie die von Immobilienentwicklern, Bauherrn, Architekten, Diskontketten, Straßen - und sonstigen Infrastrukturerrichtern.
Maßgeblich beteiligt an diesem hässlichen, und ganze Landschaften vernichtenden Prozess sei die Politik höheren Orts, die Raumordnungen erstellt und den Umgang mit ihr den Bürgermeistern überlässt. (Grüne FF).
Ich glaube, dieser Irrsinn muss aufhören. Die Bürgermeister müssen ihrer Rechte beraubt werden. Sie sollten nicht mehr Baubehörde erster Instanz sein. Die meisten Bürgermeister sind überfordert mit Regionalplanung, Baukultur und dem Investorendruck. (Florian Klenk)
Es sind nicht nur die Bürgermeister schuld. Befürchtet wird ein Netzwerk von Amtsträgern, Politikern, Planern und Immobilienentwicklern um Raumordnung auszuhebeln, während die Zivilgesellschaft von aktiver Kontrolle ausgeschlossen wird, oft mit der Begründung "Amtsgeheimnis".
Lesenswert ist auch die Anfrage betreffend vereinfachte Flächenwidmung, wo sogar von Amts wegen den Planern speziell in der Oststeiermark ein schlechtes Zeugnis ausgestellt wird, eigene Mängel im Amt werden nicht erwähnt. Siehe auch Fallbeispiele in Fürstenfeld.
Bürgermeister sind Mitglieder im die Regionalentwicklung bestimmenden Regionalverband. Dass im Raumordnungskataster (ROKAT) bereits vor der Gemeindefusion große Teile der KG 62245 (Stadtbergen) von außeralpinem Hügelland zu Siedlungs- und Industriegebiet wurden, eine sogar für die Steiermark einzigartige Vorgangsweise, ist dem Bürgermeister, ob überfordert oder nicht, anzulasten.
Aber auch auf Landesebene sind Fortschritte im Bereich Raumordnung und Klimaschutz kaum messbar. Der Notstand wurde ausgerufen (Kl.Zeitung vom 9.5.2021), ein 600.000 € Förderprogramm für Gemeinden wurde aufgelegt, nichts geschah, oder doch: Das Land versprach Fürstenfeld eine Bedarfszuweisung für die Errichtung eines großen Parkplatzes.
Aufgrund des Stillstands richteten die Grünen eine dringliche Anfrage an den Landtag. In der Behandlung der Anfrage ist speziell in den Redebeiträgen der türkisen (oder wieder schwarzen?) Fraktion im Landtag Strategie erkennbar: Ablenken, zerreden, verhindern, und die rote zuständige Landesrätin lahmt, hat nur Ausreden parat (Unterausschüsse, Corona). Demgegenüber ist der Beitrag von Gerald Deutschmann (FPÖ) schon ein Lichtblick:
Wie er bin auch ich der Meinung: Strengere Interpretation des StROG, weniger Ermessensspielraum ist zwingend erforderlich. Einzelne Baulandausweisungen sind dort natürlich weiterhin möglich, nicht aber Siedlungen für Ortsfremde.
Eine an den Manager der Klima- und Energiemodellregion gerichtete Anfrage um Stellungnahme zu Klimaschutz à la FF blieb bisher unbeantwortet, auch ein von der SPÖ Stmk veranstalteter Klimagipfel brachte keinen Schwung in die Sache und das beschlossene StROG blieb schwammig wie zuvor und das versprochene Klimaschutzgesetz ist (Stand 21.8.2022) lt. ÖVP nicht dringlich und bleibt in der Schublade der Ministerin.
Bereits 2009 schrieb Friedrich Schindegger unter dem Titel "Krise der Raumplanung":
Flächenwidmungspläne liefern in der politischen Realität vor allem die Legitimation der jeweils aktuellen durchsetzungsfähigen Nutzungsansprüche. So sind Standorte und Strukturen vielmehr die Folge von individuellen ad hoc-Übereinkünften von Investoren, Liegenschaftseigentümern und Akteuren des politischen Systems, als das Ergebnis vorausschauender staatlicher Lenkung.,
und an einer Änderung dieses Zustands ist die genannte Kaste nicht interessiert.
Zur Darlegung der Problematik von Baulandwidmung im außeralpinen Hügelland ein Auszug aus der Richtline zur Festlegung und Abgrenzungvon Siedlungsschwerpunkten:
Grünlandgeprägtes Bergland, Außeralpines Hügelland
Unter Bezug auf die den Regionalen Entwicklungsprogrammen (REPRO) der neuen Generation zugrunde liegende Landschaftsräumliche Gliederung der Steiermark sind im „Grünland geprägten Bergland“ und im „Außeralpinen Hügelland“ außerhalb von Siedlungsschwerpunkten Baulanderweiterungen von über 3.000 m2 (pro Siedlungsgebiet) nicht zulässig. Die Festlegung von Baugebieten für die Erweiterung rechtmäßig bestehender Betriebe bleibt davon unberührt. Die Neuausweisung von kleinräumigen Baulandbereichen unter der Schwelle der Siedlungsschwerpunkte entspricht nicht den Zielsetzungen der Regionalen Entwicklungsprogrammen.
In der neuen Version Abgrenzung von Siedlungsschwerpunkten ist das nicht mehr in der Klarheit enthalten, es wird auf die neue REPRO OST verwiesen in der nur noch larifari von 20 Prozent Baulanderweiterung versteckt in den Erläuterungen (Seite 25), unabhängig vom Landschaftstyp, die Rede ist. Honi soit qui mal y pense.
Vor den Strukturreformen erfolgte die regionale Entwicklungsplanung auf Bezirksebene: REPRO FF 2010
Später wurde die Steiermark in Regionen unterteilt und Fürstenfeld findet sich in der Region Oststeiermark: REPRO OST 2016. Dort sind auch Vorrangzonen festgelegt. Die Vorrangzone für die Siedlungsentwicklung ist explizit (siehe Seite 40) für Reduktion des Bodenverbrauchs und zur Verhinderung von Zersiedelung vorgesehen, das Hügelland grenzt zwar an das Siedlungs- und Industriegebiet Fürstenfeld, ist aber eindeutig kein Siedlungsschwerpunkt: Landschaftliche Einheiten.
Schon vor der Gemeindestrukturreform versuchte die damals (2013) noch selbständige Gemeinde Altenmarkt großflächig Bauland im Hügelland (damals noch ausgedehnter: Landschaft FF 2010) auszuweisen was vom Land untersagt wurde. Die vorgesehenen Grundstücke waren bereits von der Gemeinde angekauft.
Mit der Gemeindezusammenlegung kamen diese Grundstücke in den Besitz der Stadtgemeinde. Obwohl im REPRO OST 2016 zusätzliche Teile des Hügellands als Siedlungs- und Industriegebiet ausgewiesen wurden, die Sammergründe blieben eindeutig außerhalb dieser Zone. Dennoch konnte Fürstenfeld mittels fragwürdig begründeter Beharrungsbeschlüsse des GR erreichen dass dort fernab von Infrastruktur großflächig Bauland ausgewiesen wurde, siehe Baulandwidmungen à la FF und Baulandwidmungen II. Dazu war sogar noch ein Revision des Örtlichen Entwicklungskonzepts nötig, und alle Stellen (Gemeinde, Regionalplaung, Land) haben diese illegitime Vorgangsweise mitgetragen.
H.F.